Zweite Kündigungsschutzklage – Reichweite des Urteils

Keine Überholung eines Kündigungsschutzverfahrens durch zweite Kündigungsschutzklage

Spricht ein Arbeitgeber mehrfach Kündigungen aus und verfolgt der Arbeitnehmer seinen Kündigungsschutz in unterschiedlichen Prozessen, kann es für den Arbeitgeber zu misslichen Situationen kommen. Jedenfalls dann, wenn über eine zweite (bzw. zeitlich nachfolgende) Kündigung zu einem Zeitpunkt rechtskräftig entschieden wird, zu dem im Parallelverfahren die erste (bzw. zeitlich vorhergehende) Kündigung noch nicht entscheidungsreif ist.

Denn nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wird bei einer erfolgreichen Kündigungsschutzklage im Urteil festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die angegriffene Kündigung beendet worden ist – was wiederum voraussetzt, dass zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung ein Arbeitsverhältnis bestanden hat (und dieses Arbeitsverhältnis nicht zuvor durch andere Ereignisse aufgelöst worden ist). In § 4 Satz 1 KSchG heißt es dazu:

„Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist.“

Das würde bedeuten, dass mit der rechtskräftigen Entscheidung über die spätere Kündigung indirekt auch über die erste noch rechtshängige Kündigung entschieden würde, was in der Regel nicht gewollt sein wird.

Das Bundesarbeitsgericht hat nunmehr mit zwei kurz aufeinander folgenden Entscheidungen den Ausweg aus dieser misslichen Situation gewiesen. Das Bundesarbeitsgericht geht davon aus, dass der Streitgegenstand der nachfolgenden Kündigungsschutzklage und damit auch der Umfang der Rechtskraft eines Urteils auf die konkret angefochtene Kündigung beschränkt werden kann. Allerdings bedarf eine solche Einschränkung des Umfangs der Rechtskraft deutlicher Anhaltspunkte, die sich – so dass Bundesarbeitsgericht – aus der Entscheidung selbst ergeben müssen (BAG, Urteil vom 23.05.2013, 2 AZR 102/12 – Rn 14; Urteil vom 22.11.2012, 2 AZR 732/11 – Rn 19).

Rechtsanwalt Beiler

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